Steigende Fallzahlen, komplexe Therapien und zunehmende Anforderungen an Effizienz und Patientenmanagement: Wie eine zukunftsfähige kardiovaskuläre Versorgung aussieht, sieht man im neuen Herzkatheter-Zentrum am Universitätsklinikum Augsburg (UKA), das in Zusammenarbeit mit Siemens Healthineers konzeptioniert und in den Bestandsbau der Klinik integriert wurde.
„Als einziger Maximalversorger in der Region brauchen wir leistungsfähige Herzkatheterlabore.“
Von der Vision zur Umsetzung
„Als einziger Maximalversorger in der Region und drittgrößter Versorger von Herzinfarkten in Deutschland war für uns klar: Wir brauchen leistungsfähigere und großzügiger dimensionierte Herzkatheterlabore“, sagt Prof. Dr. med. Philip Raake, Direktor der I. Medizinischen Klinik. Die Augsburger Spezialist*innen führen jährlich zwischen 3.000 bis 3.300 Herzkatheteruntersuchungen sowie über 1.600 Herzkatheterinterventionen durch. Das Behandlungsspektrum ist breit und reicht von komplexen Stentimplantationen und Transkatheter-Klappeninterventionen bis hin zu Rotablationen und dem Einsatz moderner Ballonkatheterverfahren. Für diese Anforderungen wurde der Bereich vollständig neu konzipiert und von 120 auf 550 Quadratmeter erweitert. Zentrales Element des neuen Aufbaus sind drei Katheterlabore mit je einer auf die kardiovaskuläre Versorgung zugeschnittenen ARTIS icono Angiographie-Anlage von Siemens Healthineers.
Der Nutzen der räumlichen und technischen Erweiterung zeigt sich vor allem im täglichen Ablauf. In der interventionellen Suite greifen Planung, Bildgebung und Intervention perfekt ineinander. Alle Systeme lassen sich steril via Touchscreen bedienen. Die Anlage ermöglicht hochauflösende Röntgendiagnostik mit einem beweglichen C-Bogen, der sich flexibel um den Patienten positionieren lässt. „Der optimierte Workflow durch Fusion Imaging, mehr Ultraschall, mehr intravaskuläre und noch bessere Bildgebung trägt dazu bei, die Eingriffe für Patient*innen effektiver, sicherer und langfristig weniger invasiv zu machen“, sagt Raake. Komplexe strukturelle Interventionen wie Herzklappenersatz oder -rekonstruktionen können mithilfe der Echtzeit 3D Darstellung präzise geplant und gesteuert werden. Mit seiner technischen Ausstattung ist das Klinikum Vorreiter in der Region und darüber hinaus. „Unsere hochmoderne Technik und die ansprechenden Räumlichkeiten zahlen – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels – auch auf unsere Attraktivität als Arbeitgeber ein“, so Raake.
Leistungsstarke Bildgebung für präzise Interventionen
Dank der erweiterten Infrastruktur und der neuesten Generation von Angiographiesystemen ist das Zentrum auch für die Fälle noch besser gerüstet, bei denen jede Minute zählt. Das Universitätsklinikum Augsburg verfügt über eine der größten Notaufnahmen Deutschlands. „Es gibt keinen Tag ohne Herzinfarkt“, sagt Dr. med. univ. Sébastien Elvinger, Leitender Oberarzt und Stellvertretender Direktor der I. Medizinischen Klinik. „An manchen Tagen sind es zehn Infarkte.“ Eines der drei neuen Herzkatheterlabore, die sich in unmittelbarer Nähe zur Notaufnahme befinden, ist daher rund um die Uhr für die Versorgung akuter Herzereignisse reserviert. Hinzu kommt eine Vielzahl elektiver und struktureller Eingriffe, darunter jährlich knapp 500 TAVI-Verfahren sowie rund 120 Mitral- und Trikuspidalklappeninterventionen.
Die minimalinvasiven Eingriffe erfolgen heute hochpräzise – insbesondere dank der stark weiterentwickelten Bildgebungsverfahren. In vielen Fällen ermöglicht das photonenzählende CT (PCCT) im Haus, NAETOM Alpha von Siemens Healthineers, den Kardiolog*innen zunächst einen tiefgehenden Überblick. „Das PCCT liefert uns wertvolle Vorinformationen“, sagt Elvinger. Benötigt ein Patient wirklich eine Koronarangiographie? Welche Läsionen liegen vor? Wie stark sind die Gefäße verkalkt? „So wissen wir, was uns erwartet, können uns vorbereiten und Eingriffe besser und effizienter planen“, erklärt der Kardiologe.
„Wir wissen, was uns erwartet und können Eingriffe besser planen.“
Die exakte Planung wird im Herzkatheterlabor durch die OPTIQ-Technologie des ARTIS icono unterstützt. Die adaptive Belichtungstechnologie optimiert automatisch die Röntgenparameter, sodass Bildkontrast und Schärfe unabhängig von Patientengewicht oder C-Bogen Winkel konstant hoch bleiben. Dadurch lässt sich die Strahlendosis deutlich minimieren, ohne dass die Bildqualität beeinträchtigt wird.
Intrakoronare Bildgebungsverfahren liefern zusätzliche Detailinformationen aus dem Gefäßinneren und sorgen für fortlaufende Kontrolle während des Eingriffs. Insbesondere für hochkomplexe Eingriffe sind im UKA sowohl die optische Kohärenztomographie (OCT) als auch intravaskuläre Ultraschall in HD-Qualität (HD-IVUS) direkt am Tisch integriert. Die Aufnahmen werden in Echtzeit auf Großbildschirmen angezeigt. „Das erleichtert unsere Arbeitsweise im Alltag immens“, sagt Elvinger. Instrumente wie der Shockwave-Katheter bei verkalkten Koronarstenosen oder die Rotablationstherapie können so sehr zielgerichtet eingesetzt werden.
Ein weiterer Vorteil: Der verstärkte Einsatz des intrakoronaren Ultraschalls reduziert den Bedarf an Kontrastmittel. Das ist besonders wichtig für viele ältere Patient*innen mit eingeschränkter Nierenfunktion. „In diesem Bereich haben wir große Fortschritte gemacht“, betont Elvinger.
Mehr Sicherheit und Komfort für Patient*innen und Team
„Mit den ARTIS icono-Anlagen verfügen wir über eine sehr gute Bildqualität bei der Darstellung der Koronararterien“, betont auch Priv.-Doz. Dr. med. Bastian Wein, Geschäftsführender Oberarzt und Leiter des Funktionsbereichs Interventionelle Kardiologie in Augsburg. „Für uns ist insbesondere das Verhältnis von Strahleneinsatz und Bildqualität entscheidend.“ Denn die Behandelnden stehen häufig viele Stunden im Strahlenbereich – eine reduzierte Strahlenbelastung ist somit ein großer Gewinn für Team und Patient*innen.
Für die Patientensicherheit ist es wesentlich, mögliche Komplikationen zu vermeiden und Risiken valide einschätzen zu können. „Durch die Möglichkeiten des optimierten Imagings können wir Komplikationen wie eine Edge-Dissection früh erkennen“, sagt Wein. „Wenn wir unsicher sind, setzen wir die intravaskuläre Bildgebung ein.“
Optimierter Workflow für steigende Fallzahlen
„Alles, was wir brauchen, ist am Tisch und lässt sich durch die Konsole steuern“, sagt Wein. „Die Hemmschwelle, Komponenten wie Hämodynamik oder Druckdrahtmessung anzuwenden, ist stark gesunken, da diese nicht mehr wie zuvor einzeln angeschlossen werden müssen.“ Von mehr Komfort durch das vollintegrierte System profitieren nicht nur die Behandelnden, sondern auch die Patient*innen. „Der Workflow bleibt konstant, Wartezeiten fallen weg und die Verweildauer auf dem Tisch verkürzt sich – der Eingriff wird effektiver und schonender“, fasst Wein zusammen.
Ein großer Vorteil bei zunehmenden Fallzahlen ist: Der optimierte Workflow ermöglicht eine höhere Anzahl an Untersuchungen und Behandlungen. „Unsere Patient*innen kommen perfekt vorbereitet in die Räume“, sagt Thomas Lieb, der Leiter des Funktionsbereichs Herzkatheter-Zentrum. Eine angeschlossene Holding wird für die Vorbereitung der Patient*innen genutzt und dient als überwachter Warteplatz, wenn Notfälle vorgezogen werden. Hilfreich ist auch die vernetzte SENSIS Vibe-Lösung. Sie erfasst hämodynamische Messwerte wie Blutdruck, Sauerstoffsättigung, EKG oder FFR/DFR direkt im Katheterlabor und integriert sie mit den Bilddaten des ARTIS-Systems. „Die Daten können auch für spätere Auswertungen gespeichert werden, was im ‚Livebetrieb‘ entlastet“, sagt Lieb.
Die drei Herzkatheterlabore in Augsburg sind seit März 2025 in Betrieb. „Die Umstellung ist allen im Team leichtgefallen, da die Systeme sehr intuitiv und einfach zu bedienen sind“, sagt Wein. „Auch wenn die Integration verschiedener Komponenten viel Planungsaufwand mit sich bringt, haben wir gemeinsam sehr gute Lösungen gefunden.“ Unerlässlich dafür ist eine gute Einweisung: Das Herzkatheter-Team hat sich von den Expert*innen von Siemens Healthineers in 18 Medizinprodukte einweisen lassen. „Es ist wie beim Fußball: Wenn man High-End-Medizin machen möchte, braucht es ein High-End-Team aus Medizintechnik-Spezialist*innen und uns Anwender*innen, damit das möglich wird“, sagt Wein.
Die Perspektiven für die interventionelle Kardiologie sind ausgezeichnet. „Es ist enorm spannend und bereichernd, neue Technologien zu entwickeln, zu etablieren und unseren Patientinnen und Patienten zugänglich zu machen“, sagt Klinikdirektor Raake. „Diese Dynamik wird bleiben, und darauf freue ich mich.“
