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Onkologie

Den Zugang zur Gesundheitsversorgung erweitern: Für eine Welt ohne Angst vor Krebs

Eine Krebsdiagnose stellt die Welt der Betroffenen auf den Kopf – wie in unserem Beispiel, die zweier Patient*innen aus dem Vereinigten Königreich und Brasilien, die mit einer Lungen- und Brustkrebsdiagnose konfrontiert wurden. Durch gezielte Vorsorgeuntersuchungen und einen erweiterten Zugang zur Strahlentherapie wurden aus ihrer Schreckensnachricht Geschichten der Hoffnung.
Sophie Gräf
Veröffentlicht am 8. August 2025
Beinahe hätte der ehemalige Raucher Philip Bennett die Chance versäumt, seine Krebserkrankung frühzeitig zu erkennen, denn als er der Einladung einer lokalen Screening-Initiative folgte und dort die Diagnose Lungenkrebs erhielt, verspürte er noch keinerlei Symptome. Tausende Meilen entfernt in Fortaleza, Brasilien, stand für Jane Eyre Viana de Souza die Welt still, als bei ihr Brustkrebs entdeckt wurde. Die Diagnose weckte bei ihr schmerzliche Erinnerungen an die lange, qualvolle Krebserkrankung ihres Vaters – nur war diesmal sie die Betroffene.

Beide ergriff die gleiche Angst, die so viele empfinden, die jeden Tag auf der ganzen Welt Krebsdiagnosen erhalten. Als erstes stellt sich die Frage: Werde ich das überleben? Wie sehr werde ich unter der Behandlung leiden? Gibt es überhaupt eine Behandlungsmöglichkeit für mich? „Es gibt nichts Schlimmeres, als Krebs zu diagnostizieren, ohne Hoffnung machen zu können“, meint Dr. med. Renato Pierre, Radioonkologe am Instituto do Câncer do Ceará (ICC), Hospital Haroldo Juacaba, Brasilien. Nur wenn eine Behandlung des Krebses zugänglich ist, kann die Angst der Hoffnung weichen.

Im Vereinigten Königreich fordert Lungenkrebs nach wie vor als häufigste Krebstodesursache jedes Jahr mehr als 35.000 Menschenleben. Da er im Frühstadium oft symptomlos verläuft, bleibt er häufig unerkannt, bis es zu spät ist. So war es auch bei Philip Bennett, einem lebenslangen Raucher, der keinerlei Warnsignale spürte, als er im Alter von 62 Jahren zu einem „L³Ü²Ô²µ±ð²Ô²µ±ð²õ³Ü²Ô»å³ó±ð¾±³Ù²õ-°ä³ó±ð³¦°ì“ eingeladen wurde. 

„Die Einladung kam im Dezember 2021. Erst legte ich sie einfach beiseite, weil ich beruflich zu sehr eingespannt war“, erinnert sich Bennett. Als auf der Arbeit kurzfristig ein Projekt abgesagt wurde, beschloss er dann aber doch, die mobile Klinik aufzusuchen, die bei ihm in der Nähe Halt machte. Diese simple Entscheidung veränderte alles.

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Entwickelt wurde die lokale Vorsorgeinitiative, die Bennett erreichte, auf Initiative von Professor Dr. med. Richard Booton, Direktor des Lungenkrebs-Screening-Programms für den Großraum Manchester des Manchester University NHS Foundation Trust in Großbritannien. „Wir wussten, dass Früherkennung Leben rettet. Deshalb haben wir 2016 ein pragmatisches, aber evidenzbasiertes Programm entwickelt, um Risikogruppen auf innovative Weise und durch Interaktion mit der Gemeinschaft zu erreichen“, erklärt er. Das Programm nutzt mobile Screening-Einheiten sowie ein One-Stop-Modell mit sofortigem Zugang zu CT-Scans. Dies gewährleistet, dass alle, die von dem Programm profitieren können, auch unmittelbar untersucht werden. 

Die Ergebnisse sprechen für sich. Im Großraum Manchester wurden über 100.000 Lungenuntersuchungen durchgeführt. Wenn im Rahmen des Programms Krebs entdeckt wird, befindet sich die Erkrankung zu 80 Prozent noch im Stadium I oder II, in dem sie noch behandelt und geheilt werden kann. Tatsächlich sind seit Beginn des Programms Diagnosen im Stadium IV um 25 Prozent zurückgegangen – ein eindrücklicher Beweis für den Nutzen von Früherkennung. 

Bennett war einer von vielen, die davon profitierten. Ein CT-Scan zeigte den Krebs im frühesten Stadium, so dass eine erfolgreiche Operation ohne Chemotherapie möglich war. Nur drei Monate später wurde er für krebsfrei erklärt. „Wenn Sie eine Einladung zum Screening erhalten, gehen Sie auf jeden Fall hin. Es könnte Ihr Leben retten“, sagt er. So besteht eine Chance, den Krebs erfolgreich zu behandeln. Wenn Lungenkrebs erst im Stadium IV entdeckt wird, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei unter 20 Prozent [1] und die Behandlung ist oft nur noch palliativ.

Der regionale Erfolg in Manchester hat seither landesweite Veränderungen in Gang gebracht. Bis 2029 sollen im Rahmen des landesweiten NHS-Lungenkrebs-Screening-Programms mehr als 6 Millionen Menschen im gesamten Vereinigten Königreich zur Untersuchung eingeladen werden – eine ehrgeizige Ausweitung, die für Tausende weitere Menschen bessere Gesundheitsergebnisse bedeuten könnte. Für Professor Booton ist die Motivation klar: „Man verändert das Leben von Menschen. So haben sie mehr Zeit für das, was ihnen am Herzen liegt, nämlich Zeit mit ihrer Familie. Für mich als Arzt ist das einfach ein großartiges Ergebnis.“

Nach ihrer Diagnose im Jahr 2023 weinte Jane Eyre Viana de Souza vor Verzweiflung, denn sie erinnerte sich an die Erkrankung und den Krebstod ihres Vaters. Sie begann ihre Therapie mit einer der modernsten Bestrahlungstechnologien in Brasilien. In de Souzas Heimatprovinz Fortaleza profitiert das Krankenhaus Haroldo Juacaba von einer landesweiten Initiative, indem es seine Strahlentherapieflotte aufgerüstet und damit seine Behandlungsprozesse verbessert hat. 

„Wir mussten neu denken, wie wir Strahlentherapie durchführen“, erklärt Radioonkologe Dr. med. Renato Pierre. „Wir haben Hypofraktionierungsprotokolle eingeführt, was nur dank technologischer Innovation möglich war. Damit konnten wir die Anzahl der Sitzungen reduzieren, sodass Patient*innen weniger Zeit in Fortaleza verbringen müssen und wir fast 30 Prozent mehr Menschen behandeln können“, sagt Pierre. „Als ich hier ankam, hat mich das Personal beruhigt. Ich betrat den Raum, und alles war sehr ruhig“, erinnert sich de Souza. „Und dann habe ich wieder geweint, dieses Mal vor Freude. Nachdem ich meine Angst überwunden hatte, dass die Bestrahlungstherapie meinem Körper schaden könnte, stellte ich das Gegenteil fest, nämlich dass die ganze Prozedur erstaunlich sanft und einfach ablief“, fügt de Souza hinzu. Dank dieser Innovationen sank die durchschnittliche Anzahl der nötigen Sitzungen von 36 auf 18, wodurch sich Wartezeiten erheblich verkürzten. Dringende Fälle können nun innerhalb einer Woche behandelt werden.

Hypofraktionierungsprotokolle sind Strahlentherapiepläne, bei denen höhere Dosen pro Fraktion über weniger Gesamtsitzungen eingesetzt werden. Sie sind so konzipiert, dass sie eine gleichwertige therapeutische Wirksamkeit und Sicherheit wie die konventionelle Fraktionierung erreichen.

Heute profitieren mehr Patient*innen als je zuvor von den Reformen im brasilianischen Krebsbehandlungssystem, die über Jahre hinweg umgesetzt wurden. Noch vor einem Jahrzehnt konnte das öffentliche Krebssystem in Brasilien weitaus weniger gut auf die Bedürfnisse der Patient*innen reagieren. Nur 60 Prozent derer, die eine Strahlentherapie benötigten, konnten auch behandelt werden. Lange Wartelisten, unzureichende Ausstattung und lange, beschwerliche Anfahrtswege führten dazu, dass viele nicht rechtzeitig versorgt werden konnten. Dies änderte sich jedoch 2012 mit dem Start von PER SUS – einer nationalen Initiative des Gesundheitsministeriums zur Erweiterung der Strahlentherapiekapazitäten, um die Lücke zwischen öffentlicher und privater Versorgung zu schließen. Bis Ende 2025 werden 92 neue Linearbeschleuniger in 27 Bundesstaaten installiert, was die Kapazität um über 55.000 zusätzliche Patient*innen pro Jahr erhöhen wird.

„Unabhängig von der sozialen Schicht erhalten nun alle die hochwertige onkologische Behandlung, die sie verdienen“, sagt Pierre. Brasilien beweist, was möglich ist: mehr Patient*innen werden rechtzeitig und wirksam behandelt – und können sich ihrer Krebsbehandlung mit Hoffnung stellen, statt sie zu fürchten.

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Sophie Gräf
Sophie Gräf
Von Sophie Gräf
Sophie Gräf ist Online-Redakteurin und Content Creator für Multimedia-Inhalte bei Siemens Healthineers.